Heute Abend wird der Entwurf für das Klimaschutzkonzept der Stadt zum ersten Mal öffentlich diskutiert. Und zunächst sah es nach einer Bruchlandung aus. SPD und Grünen verteidigen die 43 Maßnahmen als Minimallösung, doch fehlt ihnen eine Mehrheit. Für CDU, FDP und AfD geht das Konzept zu weit, die FWG will gleichzeitig mehr und weniger. Gescheitert ist das Konzept dennoch nicht, jetzt sieht es nach einer Vertagung aus – damit die Parteien alle Maßnahmen einzeln diskutieren und eine Mehrheit erarbeiten können.
Für Klaus Waldschmidt ist die Lage klar: Das von der Stadtverwaltung erarbeitete Integrierte Klimaschutzkonzept (IKSK) sei das Minimum dessen, was die Stadt jetzt endlich beschließen müsse – andere Kommunen seien viel schneller und mutiger voran gegangen, sagt der SPD-Fraktionschef auf Nachfrage.
„Einer Skelettierung“ werde die SPD-Fraktion nicht zustimmen, sondern eher das ganze Konzept scheitern lassen, sagt Waldschmidt. Wenn CDU und FDP mit ihren Vorschlägen durchkämen, dann blieben nur noch Maßnahmen übrig, die ohnehin gesetzlich vorgeschrieben seien. Ein eigenes Klimaschutzkonzept brauche Bergisch Gladbach dann nicht mehr.
Für die Grünen beurteilte Ko-Fraktionsvorsitzende Theresia Meinhard den Entwurf in mehreren Stellungnahmen ebenfalls als Minimalansatz. Von Ergänzungen wie vom Naturschutzbund gefordert wage sie mit Blick auf die Mehrheitsverhältnisse aber nicht einmal mehr zu träumen.
CDU und FDP hatten im Vorfeld klar gemacht, dass sich die Stadt einzig und allein auf die eigenen Aufgaben konzentrieren müsse, und alle Maßnahmen in den Bereichen Information, Bildung und Marketing mit Blick auf die Bevölkerung gestrichen werden sollten. Nicht zuletzt aus Kostengründen.
Hinweis der Redaktion: Die Positionen der Parteien und Interessengruppen finden Sie in einzelnen Beiträgen, die wir ebenso wie den Entwurf für das IKSK ganz unten dokumentieren.
Die FWG nimmt erneut eine Schlüsselposition ein. Sie will einerseits – auch mit Verweis auf den Naturschutzbund RBN – zusätzliche Maßnahmen vor allem in der Bauleitplanung aufnehmen, zugleich aber mit CDU und FDP viele Maßnahmen streichen. In der Sitzung des Hauptausschusses will FWG-Fraktionschef Benno Nuding eine Vertagung des Beschlusses vorschlagen – „um dann den anderen Fraktionen den Maßnahmenkatalog zu diskutieren“. Möglichst in einem interfraktionellen Arbeitskreis außerhalb der Öffentlichkeit.
Diesen Weg geht die CDU grundsätzlich mit. „Bei einem Thema von dieser Bedeutung halten wir es für richtig, zunächst einmal die grundsätzlichen Positionen im Hauptausschuss auszutauschen und dann im zweiten Schritt nach Kompromissen zu suchen“, sagt der CDU- Fraktionsvorsitzende Michael Metten.
Die neue FDP-Fraktionschefin Dorothee Wasmuth erklärt, ihre Fraktion habe „eine Vielzahl von Änderungsvorschlägen aufgelistet, manche gehen sogar weiter als die im IKSK vorgesehenen“ und wolle diese ebenfalls mit den anderen Fraktionen besprechen.
Schwierige Suche nach Mehrheit – für beide Seiten
Bei dieser Ausgangslage ist es für Grün-Rot schwierig, eine Mehrheit zu erringen. Unter der Voraussetzung, dass alle 56 Ratsmitglieder im Saal sind und sich niemand enthält, werden dafür 28 Stimmen benötigt. Grüne (16) und SPD (10) verfügen zusammen mit der Stimme von Bürgermeister Frank Stein über 27; CDU, FDP, FWG und AfD kommen ebenfalls auf 27 Mandate.
Im Hauptausschuss hat „Rot-Grün + Bürgermeister“ eine hauchdünne Mehrheit von 11:10 gegenüber den genannten vier Fraktionen.

Dann wird es unübersichtlich. Denn im Stadtrat sind zudem Frank Samirae (Bürgerpartei GL) als fraktionsloses Mitglied sowie die „Bergische Mitte“ mit einem Sitz im Hauptausschuss und zwei im Stadtrat vertreten.
Theoretisch kann die „Bergische Mitte“ dem Klimaschutzkonzept also zur Mehrheit verhelfen, doch hatten die Grünen bereits zuvor eine Zusammenarbeit mit der Minifraktion von Fabian Schütz (Ex-AfD) und Iro Hermann (Ex-Bürgerpartei) kategorisch abgelehnt.
Eine neue Lage
Die Vertagungs-Befürworter hatten damit weder im Hauptausschuss noch im Stadtrat eine sichere Mehrheit. Bis zum Dienstagmittag, als dann doch noch Bewegung in die Sache kam.
Aufgrund „tagesaktueller Ereignisse“ sei er nun doch bereit, einer Vertagung zustimmen oder sich in dieser Frage zu enthalten, korrigierte SPD-Fraktionschef Waldschmidt seine bisherige Position. Die Voraussetzung dafür: „Wenn eine Fraktion, die sich bisher öffentlich gegen die Grundausrichtung des Klimaschutzkonzeptes ausgesprochen hat, in der Sitzung zu erkennen gibt, das IKSK nicht auf die betriebswirtschaftlich unstreitig rentablen Maßnahmen zu reduzieren“.
Damit ist die FWG gemeint, die nun offenbar doch zu Gesprächen mit SPD und Grünen bereit ist, um das Klimaschutzkonzept nicht ganz vor die Wand fahren zu lassen.
Damit wäre eine Mehrheit für eine Vertagung gesichert, ein Eklat vermieden. Ob es tatsächlich dazu kommt, das wird erst die Sitzung heute nachmittag zeigen. Hauptausschuss und Stadtrat tagen öffentlich um 17 Uhr im Rathaus Bensberg, der Hauptausschuss am heutigen Mittwoch, der Stadtrat am kommenden Dienstag (5.9.).
Dokumentation
Das Integrierte Klimaschutzkonzept besteht im Entwurf aus zwei Bänden; der erste leistet eine grundsätzliche Bestandsaufnahme und Konkretisierung der Ziele, der zweite Band listet 43 Maßnahmen in neun Bereichen auf. Eine redaktionelle Zusammenfassung der wichtigsten Punkte finden Sie hier.
Der Katalog der Maßnahmen
Da geht es um sehr wichtige Entscheidungen für GLs Zukunft und keine Partei weiß so richtig, was die andere will, revidiert frühere Standpunkte oder fühlt sich als Zünglein an der Waage sehr wohl. Welch ein Kindergarten, den die Politik zusammen mit der Verwaltung da vorführt. Wie bei allen „Partnerschaften“ gilt es auch und gerade in der Politik, Kompromisse zu finden, und die m.E. vor entscheidenden Sitzungen.
Kann eine Klimaneutralität, wenn überhaupt erreichbar, in unserer Stadt die klimatischen Veränderungen des Globus beeinflussen? Hier ja zu sagen fällt nicht schwer, denn niemand kann das Gegenteil belegen.
Die Verwaltung führt hier meines Erachtens keineswegs einen „Kindergarten“ auf. Die hat ein klares, schlüssiges Konzept vorgelegt. Und die demokratischen Parteien bewegen sich gerade aufeinander zu. Sieht also aus, als könnte was draus werden.