Das Carpark-Gelände auf halbem Weg zwischen Heidkamp und Bensberg beherbergt bereits die große Flüchtlingsunterkunft. Doch in der Mitte, zwischen Container und Seniorenheim, gibt es noch eine große Brachflächen, die eine Kita aufnehmen könnte.

Die Anstrengungen der Stadtverwaltung, den eklatanten Mangel an Kita-Plätzen in den Griff zu bekommen, nimmt Fahrt auf. Im Planungsausschuss kündigte der zuständige Beigeordnete die blitzartige Errichtung von drei Kitas in Modulbauweise nach dem Vorbild der Sofortschulen an. Und zwar in der Innenstadt, in Sand und Schildgen. Für die CDU geht diese Planung am Bedarf vorbei, das Vorgehen sei eine Frechheit.

500 Kita-Plätze fehlen in Bergisch Gladbach zum Start nach den Sommerferien, räumte der Beigeordnete Ragnar Migenda im Stadtentwicklungs- und Planungsausschuss (STPLA) am Montagabend ein. Und dabei sind die bis zu 300 Kinder, die auf einer Warteliste stehen, nicht mitgezählt. Für noch mehr Druck im Kessel sorgte eine Entscheidung des OVG Münster, das eine Beschwerde der Stadt zurückwies und das Recht einer Klägerin bestätigte, sofort einen Kita-Platz in Moitzfeld zu erhalten.

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Auf eine Anfrage des Bürgerportals zu diesem Urteil kündigte die Stadt am Montagnachmittag an, Bürgermeister Frank Stein werden der Politik und der Öffentlichkeit noch vor Ferienbeginn ein Kita-Sofortprogramm präsentieren. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an die Sitzung des STPLA am Abend, bei der zwei Anträge der CDU in Sachen Kita auf der Tagesordnung standen.

In aller Kürze / Das Thema ist komplex, die politische Debatte „interessant“. In der Sache sieht es wie folgt aus:

  • Die Stadt will an der Jakobstraße, in Schildgen und Sand drei Sofort-Kitas errichten, schon für das nächste Kita-Jahr.
  • Auf dem Carpark-Gelände an der Bensberger Straße soll zwischen Flüchtlingsunterkunft und Seniorenwohnheim mittelfristig eine Kita entstehen.
  • Die CDU fordert, den Beschluss zum den Bau einer Kita auf der Lena-Wiese am Lückerather Anger umzusetzen, in Koexistenz zur dortigen Blühwiese. Dafür gibt es eine Mehrheit.
  • Die große Kita Mondsröttchen ist im Bau und soll trotz einiger Probleme mit der Anwohnerschaft zum Kita-Jahr 2024/25 in Betrieb gehen
  • Die Spezial-Kita für Kinder mit Autismus-Spektrum-Störungen an der Odenthaler Straße komme bald, die Ausschreibung laufe.
  • Die Wiese am Rotdornweg in Moitzfeld bleibt als Option im Spiel.

In der hitzigen Sitzung am Montagabend, bei den „Mitteilungen des Bürgermeisters“, schwieg der Beigeordnete Migenda. Erst beim Tagesordnungspunkt 11, einen Antrag der CDU auf den Bau von zwei Kitas in Lückerath, gab er ein paar spärliche Info. Eine Taskforce unter Beteiligung des Bürgermeisters habe alle Grundstücke der Stadt geprüft – und immerhin drei gefunden, die für den Bau einer Kita unmittelbar geeignet seien.

Drei Sofort-Kitas – aber wo?

Dort sollten – nach dem Vorbild der Sofortschulen – von der Schulbaugesellschaft Kitas in modularer Bauweise erreichtet werden, die voraussichtlich schon für das kommende Kita-Jahr zur Verfügung stehen.

Wo diese Kitas gebaut werde, das könne er noch nicht verraten, sagte Migenda. Darüber wolle die Stadt später in einer Pressemitteilung berichten. Nur soviel könne er sagen: die sogenannte Lena-Wiese in Lückerath sei nicht dabei.

Woraufhin die CDU explodierte. Vizefraktionschef Christian Buchen fasste zunächst die Fakten zusammen: In den östlichen Stadtbezirken 4 und 5 fehlen 188 Kitaplätze, davon – wie das Bürgerportal berichtet hatte – 86 alleine in Lückerath; dort müssten also zwei weitere Kitas gebaut werden.

„Missachtung des Stadtrats und eine Frechheit“

Gleichzeitig gebe es seit 2020 einen gültigen und – trotz eines entsprechenden Votums von Bürgermeister Stein – nie zurückgenommen Beschluss, auf einem Teil der Lena-Wiese eine Kita für 73 Kinder zu bauen. Das Grundstück gehört der Stadt, ein Bebauungsplan ist nicht erforderlich. Und ausgerechnet dieses Grundstück werde nun ausgeschlossen?

Vor diesem Hintergrund, und des Urteils des OVG Münster, jetzt drei Sofort-Kitas anzukündigen, aber den Ausschuss nicht über die Standorte zu verweisen, sei eine Missachtung des Stadtrats und eine Frechheit, sagt Buchen. Daher müsse Migenda jetzt sofort die Karten offen legen, zur Not im nichtöffentlichen Teil des Ausschusses.

„Parteipolitik auf dem Rücken der Kleinsten“

Für rund 30 Minuten kommt es zu einem parteipolitischen Intermezzo. SPD und Grüne bezweifeln, ob der SPLA überhaupt zuständig ist – und verweisen auf den Jugendhilfeausschuss, der das Thema gerade erst in den STPLA vertagt hatte.

Die Grünen erklären die Lena-Wiese zum Tabu, weil sie sich am Lückerather Anger in einer Kaltluftschneise befinde, die seit dem Bau des Krüger-Hochregallagers nicht weiter angetastet werden dürfe. Eine Kaltluftschneise gebe es dort gar nicht, entgegnet die CDU.

In emotionalen bis polemischen Beiträgen halten sich beide Seite vor, die Belange des Brauchtums und/oder der Kinder nicht zu berücksichtigen, gar „Parteipolitik auf dem Rücken der Kleinsten“ (CDU) auszutragen.

Vage Hinweise auf neue Kita-Standorte

Es ist dann der Beigeordnete Migenda, der die Debatte wieder etwas einfängt. Unstrittig sei ja, dass rund 500 Plätze fehlen, und alles getan werden müsse, dieses Defizit so rasch wie möglich abzubauen. Genau das mache die Verwaltung, nachdem unter der früheren Führung viel Zeit verloren worden sei.

Erst jetzt wird Migenda bei den Standorten konkreter. Der erste sei die Jakobstraße hinter dem Bahnhof. Dort sollten schon lange die Flüchtlingsheime abgerissen und durch eine Kita ersetzt werden, dort galten die Unterkünfte zuletzt als entbehrlich. Doch im Sommer, so Migenda, sollten sie „leergezogen“ werden. Wohin, wurde nicht gefragt.

Die beiden anderen Sofort-Kitas, so der Beigeordnete, kommen nach Schildgen und Sand. Details könne er jetzt noch nicht nennen. Zusammen mit den gut 90 Plätzen der künftigen Kita Mondsröttchen sowie der geplanten Spezial-Kita an der Odenthaler Straße könnten so insgesamt 350 Plätze einigermaßen schnell entstehen. Das decke zwar das Defizit nicht ganz, sei aber eine ordentliche Leistung.

Hinzu komme noch die Kita auf dem Carpark-Gelände an der Bensberger Straße (im mittleren Teil), die kontinuierlich weiter verfolgt werden und in etwas zwei Jahren zur Verfügung stehen könne. Hier müsse noch einmal mit dem Kreis geredet werden, bevor es zu verbindlichen Gespräche mit dem Eigentümer komme (der die Kita nicht mehr selbst bauen wolle). Für einen Kita-Bau auf dem privaten Grundstück muss hier der Bebauungsplan geändert werden.

Die Idee einer Kita auf der Wiese am Moitzfelder Dorfplatz am Rotdornweg sei, weil für das Dorfleben wichtig, zurückgestellt aber nicht ganz fallengelassen worden, berichtet Migenda weiter.

Überraschende Mehrheiten beim Votum über Lena-Wiese

Damit ist die CDU jedoch alles andere als zufrieden. Es könne keine Lösung sein, Kinder aus der Kaule oder Bärbroich nach Schildgen oder Sand zu karren. Sie bleibe dabei, neben der Kita auf dem Carpark-Gelände müsse der Beschluss für die Lena-Wiese umgesetzt werden – um den Bedarf in Lückerath zu decken.

Überraschend meldet sich die FWG zu Wort, die andeutet, einem Beschluss für eine Teilbebaung die Lena-Wiese mittragen zu können. Was ein interessantes Abstimmungsergebnis erwarten lässt – denn ohne FWG haben Grüne und SPD keine Mehrheit.

Dennoch bestehen die Grünen auf ihrem Antrag, das Thema in den Jugendhilfeausschuss (nach den Sommerferien) zu vertagen und dort gründlich zu beraten. Dafür stimmen nur SPD und Grüne.

Daher wird nun in der Sache über den CDU-Antrag abgestimmt. Für die Planung einer Kita auf der Lena-Wiese (im Einvernehmen mit der Bienenwiese) stimmen CDU, FDP, FWG, Bergische Mitte und AfD; die Grünen sind dagegen, die SPD enthält sich. Also eine deutliche Mehrheit für den Antrag der CDU.

Ein weiterer Antrag der CDU, den Bebauungsplan für das Carpark-Gelände so zu ändern, dass der Bau einer Kita möglich ist, wird fast einstimmig angenommen, nur die AfD ist dagegen.

Beschlüsse über den Bau einer Kita, zum Beispiel auf der Lena-Wiese seien damit aber noch nicht gefallen, betont der Ausschussvorsitzende Andreas Ebert. Sondern nur Empfehlungen an den Jugendhilfeausschuss und den Stadtrat.

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Journalist, Volkswirt und Gründer des Bürgerportals. Mail: gwatzlawek@in-gl.de.

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9 Kommentare

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  1. Also hier in MG arbeitet die Stadt mit mehreren Trägern zusammen. Einer davon hat in den zwei Corona Jahren SIEBZEHN neue KiTas gebaut. Wieviele hat die Stadt GL eigentlich geschafft zu bauen? Oder ein beauftragter Träger?

  2. Das Problem der fehlenden Kita-Plätzen ist ein landesweites, wenn nicht sogar bundesweites Problem und kann meines Erachtens nicht an Parteipolitik fest gemacht werden.
    An dieser Stelle möchte ich an den Bericht des Bürgerportals vom 16.05.2023 zum Aktionstag Kindertagespflege erinnern. In diesem werden seitens der INTERESSENGEMEINSCHFT KINDERTAGESPFLEGE konkrete Vorschläge für eine Schaffung von Kinder Unter drei Jahren genannt.

    https://in-gl.de/2023/05/16/kinder-aus-der-tagespflege-werden-von-kitas-gerne-genommen/

    Ich zitiere:
    „Die Kindertagespflege, das machen……“….. die Sprecherinnen der Interessengemeinschaft …… „…..deutlich , kann einen signifikanten Beitrag leisten, um die aktuelle Betreuungsmisere abzumildern. So sei die Ausbildung von Tagesmüttern und -vätern über die Katholische Familienbildungsstätte oder das Deutsche Rote Kreuz in rund eineinhalb Jahren bzw. 300 Ausbildungsstunden zu schaffen. Das sei kürzer als die Ausbildung zum Kita-Erzieher. Und Immobilien seien – trotz aller Anträge bei der Kommune – in der Regel vergleichsweise schnell für die Tagespflege zu ertüchtigen.
    Daher favorisieren……“ ….die Sprecherinnen der Interessengemeinschaft „……. zur Linderung der Betreuungskrise eine konsequente Aufgabenteilung in der Kinderbetreuung: Die Unter-Dreijährigen sollten in der Kindertagespflege betreut werden, die Ü3-Kinder hingegen in der Kita – mit dieser strikten Aufteilung würde die Stadt die Defizite besser in den Griff bekommen, sind die beiden fest überzeugt.
    Der Vorteil: Bei Kita-Neubauten müssten keine U3-Plätze mitgedacht werden. So würden mehr Kapazitäten für Ü3 geschaffen.“

    Zudem könnte so m.E. das Problem des Fachkräftemangels in Kitas gemildert werden, U3-Gruppen haben und brauchen eine höheren Personalschlüssel, der im Augenblick schwer zu füllen ist.

    Eine Erhöhung der Gruppenstärke in bestehenden Kitas halte ich für verantwortungslos sowohl für die Kinder als auch die Fachkräfte. Die Krankheitsspirale durch Überlastung und damit einhergehenden verkürzten Betreuungszeiten und/ oder Schließung von Gruppen, ist vorprogrammiert, genauso wie der Weg von Bildungsarbeit zur reinen Betreuung bzw Verwahrung.

    Der Vorschlag der Interessengemeinschaft ist sicher nicht die Lösung aller Probleme, kann aber m.E. ein weiterer Schritt bzw Puzzleteil dazu sein.

    1. Das kann ich bestätigen. Kindertagespflege ist eine sehr gute Alternative, die wir in Hamburg jahrelang genutzt haben.

  3. Warum ist es eine „Frechheit“, drei Standorte für Sofort-Kitas vorzuschlagen? Ich finde es gut, dass die Stadtverwaltung entsprechend aktiv wird. Die Modulbauweise scheint ja bei den Sofortschulen gut zu funktionieren.

    1. Hallo Herr Dettmar, drei Standorte vorzuschlagen ist natürlich keine Frechheit – das hat auch gestern im Ausschuss niemand behauptet. Ich persönlich freue mich über jede neue Kita, die gebaut wird. Was jedoch frech ist: Die Anträge der CDU für den kurzfristigen Bau von Kitas erst im Jugendhilfeausschuss zu vertagen; im Ausschuss für Anregungen und Beschwerden weitere Vorschläge für Grundstücke für Kitas rund um Moitzfeld von der CDU genannt zu bekommen; dann als Verwaltung zu erklären, man würden alle prüfen; im gestrigen Planungsausschuss dann zu verkünden, die Prüfungen seien erfolgt und es würden drei Grundstücke geben; dann jedoch erst einmal zu verweigern, diese drei Standorte auch den Mitgliedern des Stadtrates im Ausschuss zu nennen (weil man dies stattdessen lieber medienwirksam bei einem separaten Termin machen will). Erst nach zweimaligem Nachfragen zu den Standorten wurden im öffentlichen Teil der Sitzung dann zunächst nur die Stadtteile genannt (Stadtmitte, Schildgen und Sand). Es hat in Summe eine dritte Anfrage im nicht-öffentlichen Teil benötigt, um als Ausschuss- bzw. Ratsmitglied auch die Straßen zu erfahren. Was uns als CDU jedoch sehr freut ist das positive Votum des Planungsauschusses zur Planung zweiter Kitas in Lückerath in der Straße am „Am Pützchen“ sowie auf dem Car-Park-Gelände!

    2. Hallo Herr Dettmar, und noch ein Update zu meinem untenstehenden Kommentar: Die Stadtverwaltung war gestern Abend wie berichtet nicht in der Lage, den Ausschussmitgliedern die konkreten Flächen zu nennen. Aber heute – einen Tag später – um 15:49 Uhr verschickt die städtische Pressestelle folgende Einladung zum Pressetermin: „Kita-Ausbauprogramm identifiziert drei potenzielle städtische Standorte für neue Kindertagesstätten – Pressekonferenz am Donnerstag, den 15. Juni 2023“. Sie wollten wissen, was die „Frechheit“ an der ganzen Sache ist? Das Informationsrecht der Ratsmitglieder zu ignorieren, trotz mehrerer Nachfragen im Ausschuss – das ist die Frechheit!

  4. Nur mal so nachgefragt:
    Woher nimmt man denn die Kindergärtnerinnen usw für die neuen Kindergärten, wo doch schon Kindergartengruppen verkleinert werden müssen aufgrund von Personalmangel?

    1. Liebe Frau Schüttler,

      Genau das fehlt mir im Artikel und auch im Gespräch der Parteien.
      Wir hätten 80 Kitaplätze zur Verfügung, von denen 66 belegt sind. Für die restlichen 14 fehlt schlicht und einfach das Personal. Statt bestehende Kitas mit Personal zu füllen, ist der Masterplan der Bau von weiteren Kitas. Dann ist der Platz da, die Räumlichkeiten da, Millionen in Bau, Möbel und Spielzeug investiert.
      Und wer betreut die Kinder?
      Ungeschultes Personal.
      Ob das Zufriedenheit bei den Eltern hervorruft, die so dringend einen Platz benötigen?
      Ich zweifel dran.
      Gut, dann ist das Konzept Kita weitläufig auch nicht mehr als Bildungseinrichtung einzuordnen, wenn es nur ums Babysitten geht.
      Wie lang sind uns unsere Kinder noch lieb uns teuer?
      Hier werden Pläne gemacht; um weitere Kläger zu besänftigen, statt sich um das grundlegende Problem zu kümmern: die grottige Familienpolitik im familienunfreundlichen Deutschland, in dem auch dank Inflation ein Familienleben mit nur einem Gehalt nicht mehr möglich ist. Und da das Elterngeld ein Witz ist für die paar Monate, die man es überhaupt erhält und Kindererziehung offensichtlich nicht unterstützt wird, braucht ja auch jeder Jeck mittlerweile einen Betreuungsplatz unmittelbar nach Einsetzen der Presswehen.
      Steckt die Millionen endlich in die Familien und steigert die Attraktivität, dass Eltern selbst mit tätig in der Erziehung ihrer Kinder sind, dann fehlen auch keine Betreuungsplätze.
      Steckt die Millionen in die Vergütung von Personal und Ausbildung- dann habt ihr eure Fachkräfte.

      Ein weiteres Armutszeugnis unseres Landes.