Global gesehen war 2016 ein schlechtes Jahr, doch wer sich auf Bergisch Gladbach konzentriert, findet im ablaufenden Jahr einige Lichtblicke. Ausnahmsweise setze ich mir einmal eine rosarote Brille auf und liste neuneinhalb Gründe auf, warum 2016 aus subjektiver lokaler Sicht ein gutes Jahr ist.

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Modell der neuen Marktgalerie mit städtischer Freitreppe. Foto: Screenshot/Beschlussvorlage

Modell der neuen Marktgalerie mit städtischer Freitreppe. 

1. Bensberg überwindet den Stillstand

Gewinner des Jahres ist Bensberg. Mit dem Integrierten Handlungskonzept hat der Stadtteil die Chance, nach Jahrzehnten des Stillstands einige städtebaulichen Sünden aufzuarbeiten. Zu den Projekten gehören der Deutsche Platz und der Stadtgarten; ebenso wichtig ist ein Fassaden- und Hofprogramm, das Aktionen privater Immobilienbesitzer fördert. Noch steht die Bestätigung durch das Land aus, aber es sieht gut aus. 

Gleichzeitig wurde die Blockade bei der Marktgalerie überwunden; Eigentümer Centerscape will das alte Loewencenter nicht mehr abreissen, sondern in einen schlichten, funktionalen Bau umwandeln. Die Stadt übernimmt die Verantwortung für die sich anschließende Treppenanlage und will eine großzügige Freitreppe mit Aufenthaltscharakter schaffen. So etwas wie die Spanische Treppe in Rom, … 

Außerdem: An der Schlossstraße hat ein privater Investor gezeigt, was man aus einer alten Immobilie herausholen kann. Der Denkmapflegeplan liefert wichtige Hinweise für eine geschichtsbewusste Stadtentwicklung. Und der neue „Stadthüpfer-“-Bus macht Bensbergs Innenstadt besser zugänglich.

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Der Forumpark ist geplastert, im Hintergrund ist die neue Baustelle an der Schnabelsmühle zu erkennen.

Der neue Forumpark entsteht

2. In Gladbachs Innenstadt ist das Schlimmste geschafft

Autofahrer, Anwohner und Einzelhändler haben heftig unter den „Strunde hoch vier”-Baustellen gelitten, doch jetzt ist ein Ende in Sicht. Der neue Forumpark ist fast fertig, an der Odenthaler Straße werden die Umleitungen im Januar aufgehoben und auch der neue Kreisverkehr Schnabelsmühle wird im Frühjahr fertig. Entlang der Gohrsmühle wird zwar noch bis zum Jahresende am Hochwasserschutzkanal gebaut, aber die Verkehrslage sollte sich rasch entspannen.

Außerdem: Die berüchtigte „Paffrather Mulde” ist wieder gerade gezogen worden. 

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Der Hintereingang zum Nordtrakt des NCG in Bergisch Gladbach vor der Sanierung

Der Hintereingang zum Nordtrakt des NCG in Bergisch Gladbach vor der Sanierung

3. Die Sanierung der Schulen kommt in Fahrt

An den Otto-Hahn-Schulen ist eine ganze Container-Schule entstanden, in der die Klassen zum Jahreswechsel umziehen – dann kann die überfällige Sanierung beginnen. Und auch für das NCG gibt es jetzt konkrete Pläne, wie das Gymnasium durch einen Teilabriss und Teilneubau wieder instand gesetzt werden kann. In beiden Fällen wird die Sanierung sehr viel teurer als zunächst veranschlagt. Aber daran führt kein Weg vorbei. 

Außerdem: Die sogenannte „Rote Schule” in Heidkamp entsteht neu. KSTA/BLZ, Hintergrund

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Flüchtlinge werden vom DRK in der Unterkunft Bergisch Gladbach-Katterbach betreut. Foto: Stadt GL

In Katterbach wohnen wieder 250 Flüchtlinge

4. Flüchtlinge: Unterbringung gesichert, Integration holpert

Nur als halber Erfolg ist der Umgang mit der Herausforderung durch die Flüchtlinge zu werten. Einerseits hat es die Stadt geschafft, selbst in den chaotischsten Phasen alle Neuankömmlinge anständig unterzubringen. Die Kosten blieben im Laufe des Jahres weit hinter den Erwartungen zurück; beide Entwicklungen profitierten davon, dass zwischen Februar und November keine neue Flüchtlinge zugewiesen worden.

Andererseits müssen derzeit rund 250 Menschen in den Leichtbauhallen in Katterbach wohnen – obwohl in Lückerath längst ausreichend Wohncontainer stehen. Zudem kommt die Integration nur langsam voran, zum Beispiel auf dem Arbeitsmarkt. Teuer angemietete Räume für ein Begegnungszentrum stehen bereit, werden mangels Finanzierung aber nicht genutzt. Ein Informationsportal für alle Beteiligten wurde nicht realisiert. Das neue Integrationskonzept liegt noch in der Schublade. Der Integrationsrat hat sich selbst demontiert. 

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Das Kölner Fenster: Blick über die Nussbaumer Wiese und Paffrath nach Köln

Potenzielle Baugebiet: Blick über die Nussbaumer Wiese und Paffrath nach Köln

5. Flächennutzungplan eröffnet Debatte über Zukunft der Stadt

Der Vorentwurf für den neuen Flächennutzungplan hat eine heftige Kontroverse zwischen Stadtplanern und Wirtschaftsvertretern einerseits und Bürgerinitiativen sowie Bürgern provoziert, der wenig Raum für einen Konsens erkennen lässt. Und dennoch ist die Vorlage des Entwurfs ein großer Erfolg: weil nur über diesen Weg Spielräume für die Entwicklung der Stadt in den kommenden Jahrzehnten geschaffen werden können, weil endlich über eine Vision für Bergisch Gladbach diskutiert wird – und weil klar wird, dass sich die Bürger nicht mit einer formellen Bürgerbeteiligung abspeisen lassen. 

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Benedikt Bräunlich, sachkundiger Bürger und Mitglied des SPD-Fraktionsvorstandes vor dem historischen Rathaus in Bergisch Gladbach

Benedikt Bräunlich, als sachkundiger Bürger für die SPD im Stadtrat

6. Unsere Lokalpolitiker arbeiten viel, bekommen wenig

Sie werden für alles verprügelt, was schief läuft – und machen dennoch unermüdlich weiter. Die Mitglieder des Stadtrates und die sachkundigen Bürger müssen sich durch Telefonbuch-dicke Vorlagen quälen, ermüdende Sitzungen durchhalten, Dutzende Anfragen ertragen ….  und bekommen dafür in aller Regel nur eine magere Aufwandsentschädigung. Ob sie immer richtig entscheiden ist eine andere Frage. Aber ihr Einsatz war auch in diesem Jahr ein Lichtblick – und verdient Anerkennung. Genauso wie die (viel zu wenigen) Bürger, die sich in den Parteien engagieren und die Lokalpolitik aufmerksam verfolgen.

Einen Dank haben nicht zuletzt die mehr als 1000 Mitarbeiter der Stadtverwaltung verdient, die trotz knapper Mittel dafür sorgen, das in Bergisch Gladbach (fast) alles rund läuft. Und entgegen der häufig zu hörenden Meinung arbeiten dort keine Dummköpfe, sondern in aller Regel gut qualifizierte, engagierte Fachleute.

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Ein paar Dinge, die dank Stadtverwaltung und Stadtrat gut gelaufen sind:
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Gebühren sinken leicht

Der Konrad-Adenauer-Platz beim Benefizkonzert von Hits für Hospiz

7. Ehrenamt trägt die Stadtgesellschaft – und mobilisiert viel Geld 

Nicht nur bei der Versorgung der Flüchtlinge, sondern in nahezu allen sozialen, kulturellen und sportlichen Bereichen der Stadt ginge ohne das ehrenamtliche Engagement der Bürger nichts. Es ist ungerecht, einzelne Vereine herauszugreifen – aber aus aktuellem Anlass kann man ein paar herausragende Beispiele nennen: In allen relevanten Stadtteilen und zu vielen Fachthemen haben sich Initiativen von Flüchtlingshelfern gebildet; die „Bürger für uns Pänz” sind seit 30 Jahren tätig, der Kinderschutzbund holt seit zehn Jahren Kinder aus dem Abseits, Hits für Hospiz hat insgesamt bereits 732.000 Euro mobilisiert,  die Tafel kümmert sich Woche um Woche um die Bedürftigen. Und dann gibt es noch die Bürgerstiftungen der Banken sowie vor allem die Bethe-Stiftung, die immer wieder gute Projekte durch Spendenverdopplungen anschiebt. 

Hinter den meisten Vereinen und Initiativen stehen einzelne Bürger, ohne die nichts laufen würde. Ein Teil von Ihnen wurde auch in diesem Jahr mit der Ehrennadel der Stadt ausgezeichnet.

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Hinter den alten Kalköfen am S-Bahnhof soll ein neues Wohnviertel entstehen

Auf dem Parkplatz und entlang der Gleise soll das Stadthaus gebaut werden, hinter den Kalköfen entsteht ein neues Wohnviertel

8. Investitionen in die Zukunft: Stadthaus, Straßenlaternen

Eigentlich kann sich die Stadt Bergisch Gladbach, die sich im Haushaltssicherungskonzept befindet und die Investitionskredite nur in eng begrenztem Rahmen aufnehmen darf, keine großen Projekte erlauben. Dennoch ist es der Stadtverwaltung in diesem Jahr gelungen, zwei große Ausnahmen bei den Aufsichtsbehörden durchzuboxen: die alten Straßenlaternen werden komplett gegen moderne LED-Lampen ausgetauscht, was einige Millionen Euro kostet, aber sofort Geld spart.

Zweitens hat sie Pläne für den Neubau eines Stadthauses an der S-Bahn auf’s Gleis gesetzt, der zwar rund 30 Millionen Euro verschlingen wird, aber dennoch um rund 13 Millionen Euro günstiger ist, als eine Sanierung der maroden alten Verwaltungsbauten in der Innenstadt. Ganz nebenbei eröffnet sie dabei großen stadtplanerischen Spielraum: Am S-Bahnhof entsteht (zusammen mit der Bebauung des Cox-Geländes) auf einer Brachfläche ein ganz neues Viertel, in der City werden durch den Abriss der alten Stadthäuser und wahrscheinlich auch der Stadtbücherei große Flächen in bester Lage für neue Projekte frei.  

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9. Ein Schmuckstück für Gronau

Einen großen Schritt nach vorne gemacht hat auch der Stadtteil Gronau mit der Einweihung des „Glaspalasts” am Gronauer Kreisel. In dem von Josef Cramer gebauten Einzelhandels- und Bürozentrum haben sich u.a. ein Bio-Supermarkt und ein türkischer Feinkostladen etabliert, die auf großen Zuspruch stoßen.

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10. Lokaljournalismus ist sein Geld wert

Immer mehr Bergisch Gladbacher erkennen, wie wichtig Qualität und Vielfalt im Lokaljournalismus ist – und nutzen die Website, die Newsletter, den WhatsApp-Dienst oder den Facebook-Auftritt des Bürgerportals. Viel besser aber noch: der Appell des Bürgerportals, das Angebot auch finanzielle zu unterstützen, ist auf eine große Resonanz gestoßen. Innerhalb von nur zwei Wochen kamen mehr als 100 Abonnenten zusammen, inzwischen unterstützen mehr als 200 Einzelpersonen, Vereine und Unternehmen das Projekt.

Wenn Sie einsteigen wollen – Sie sind im Freundeskreis herzlich willkommen.

Unsere Leseempfehlungen zum Thema:
100 Abonnenten in zwei Wochen. Danke!
100 Abos in vier Wochen: Wir schaffen das!

Und ja, Sie haben ja Recht. Es gibt auch eine ganze Menge Dinge in Bergisch Gladbach, die 2016 schief gelaufen oder einfach verpasst worden sind. Aber das ist eine andere Geschichte.

Aber hier geht es um die positiven Dinge. Was fehlt, wo widersprechen Sie mir? Nutzen Sie das Kommentarfeld ganz unten oder schicken Sie mir eine Mail an gwatzlawek@in-gl.de.

Journalist, Volkswirt und Gründer des Bürgerportals. Mail: gwatzlawek@in-gl.de.

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7 Kommentare

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  1. Ich wusste gar nicht, dass um uns herum so viel passiert ist in diesem Jahr ich bin gespannt, was BGL noch so für uns bereit hält, aber ich bin sicher, dass die Baukonzepte und aktuellen Maßnahmen Bergisch Gladbach schöner machen werden ☺ auch ein großes Lob an die Redaktion für ihr Engagement. Übrigens freue ich mich auf die kommende Zusammenarbeit im Jahr 2017 sehr!

  2. Dem kann ich nur zustimmen. Durch das ständige gemaule und die einseitige Berichterstattung geht das unter was gut läuft.
    Ich würde mir generell mehr positive Nachrichten wünschen, halt ein ausgewogenes Verhältnis.

    1. @Theresia Meinhardt: Einen halben Punkt Abzug in Sachen Integration. Darüber wollten wir trotz der rosaroten Brille dann doch nicht hinweg schauen.

  3. Für mich waren zwei Dinge äußerst positiv:
    1. Das Fortfahren bei den Modernisierungen der Gladbacher Schulen. Eigentlich sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, gute Lernbedingungen für unseren Nachwuchs zu schaffen. Ist es aber leider nicht. Also, weiter so.

    2. Die Abkehr des Investors vom Vorhaben, die Marktgalerie abzureißen und neu aufzubauen. Die Bensberger wie aber eigentlich auch alle Bürger dieser Stadt können wirklich froh sein, dass diese Pläne so nicht realisiert werden. Manch ein Bürger hatte es sich sehr leicht gemacht, indem er kein Verständnis für die Mitbürger zeigte, die vehement gegen eine Verunstaltung der Bensberger Mitte eingetreten sind. Wichtig war für diese nur, dass irgendetwas geschieht.

    Auch ich danke dem Bürgerportal und Herr Watzlawek für die geleistete tolle Arbeit.

  4. Möchte mich dem anschliessen. Vielen Dank, dass es das Bürgerportal iGL gibt!
    Eine lebendige Plattform, die Bürgerinnen und Bürger zum Mitmachen einlädt. Eingebettet in guten, fundierten und unabhängigen Lokal-Journalismus. Danke dafür!
    Wünsche allen eine Frohe und besinnliche Weihnacht.

  5. Na endlich mal jemand der das Positive herausstellt! Meckern ist leichter und es gibt in der Tat genug Themen, die man anführen könnte. DANKE für die Aufzählung und DANKE, dass es iGL gibt!